Presse-Archiv 2017
HNA vom 12.09.17
https://www.hna.de/kassel/kreis-kassel/kreis-kassel-ort306256/waffentests-von-henschel-in-wellerode-durch-karte-belegt-8674849.html
Waffentests während des Zweiten Weltkriegs
Karte belegt Kanonen-Schießstand von Henschel im Steinbruch Wellerode
© Naumann |
Söhrewald. Waffentests im Zweiten Weltktrieg: Die Firma Henschel hat offenbar Panzerabwehrkanonen im Steinbruch in Wellerode ausprobiert. Das belegt eine Karte.
Es muss furchtbar gekracht haben in Wellerode, als die Geschütze abgefeuert wurden. Noch heute ist davon die Rede, „dass die Tassen im Schrank geklappert haben“, wie sich Albert Werner, heute 83, erinnert.
Das Ganze ging mindestens zwei Jahre lang – von 1942 bis 1944, nicht täglich, aber immerhin mit großer Regelmäßigkeit.
Vermutlich Hunderte Panzerabwehrkanonen vom Typ PaK 43 und PaK 43/41 mit Kaliber 8,8 Zentimeter hatte die Kasseler Waffenschmiede Henschel in diesen beiden Kriegsjahren bei Wellerode getestet und eingeschossen – im damals schon stillgelegten Basalt-Steinbruch Tiefenrod direkt an der Wattenbacher Straße in Höhe der Serpentinen. Was zuvor nur vom Hörensagen bekannt war, ist jetzt durch eine handgezeichnete Karte vom 5. Dezember 1944 der Henschel & Sohn GmbH Kassel belegt.
Bislang gab es nur mündlich überlieferte Augenzeugenberichte von den Aktivitäten der Firma Henschel im Welleroder Steinbruch Tiefenrod: Jetzt halten Albert Werner und Lothar Rolwes vom Geschichtskreis Söhrewald einen Beweis in den Händen.
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„Diese Karte ist ein Glückstreffer“, sagen Albert Werner und Lothar Rolwes, beide vom Geschichtskreis Söhrewald. Überlassen wurde ihnen das Dokument vom Kasseler Verein KulturRaum Oberzwehren. Auf ihr ist der Schießstand für die Panzerabwehrkanonen exakt eingezeichnet. Er befand sich in einer lang gezogenen, rund 15 Meter tiefen Grube keine 300 Meter vom Wanderparkplatz Brand entfernt direkt an der Wattenbacher Straße. Heute ist dort nichts mehr zu sehen – die Grube ist zugeschüttet, überall stehen Bäume.
„Die Geschütze wurden auf einen alten Stollen gerichtet“, sagt Rolwes. „Zum Auffangen der Projektile wurde dieser mit Sand gefüllt. Sandbunker standen bereit, das zeigt auch die Karte“. Die verschossenen Projektile seien dann immer wieder laut Augenzeugenberichten aus dem Stollen gegraben und wegen ihres Materials eingesammelt worden, ebenso die leer geschossenen Hülsen. Alles zusammen kam in ein Tagesschrottlager. Sogar eine Schmalspurbahn vom Schießstand mit Schutzraum bis zum Stollen war eingerichtet, um den Materialtransport zu erleichtern.
„Die ganze Anlage spricht dafür, dass dort nicht nur Prototypen der PaK 43 und 43/41 getestet, sondern dort auch andere Waffen in großer Anzahl eingeschossen wurden“. Ein Indiz dafür sei auch der damals eigens für das Abladen der Kanonen ausgebaute Welleroder Bahnhof, dort, wo sich heute das Dorfgemeinschaftshaus befindet. „Die Kanonen wurden per Zug vom Henschel-Werk in Kassel-Rothenditmold über Bettenhausen nach Wellerode transportiert“, sagt Werner, der das Treiben als Neunjähriger selbst mehrfach mitverfolgt hat. Am Bahnhof seien die PaK auf Lkw umgeladen und zum Steinbruch gefahren worden. „Wenn im Steinbruch geschossen wurde, war die Wattenbacher Straße zwischen den Serpentinen und dem Parkplatz Brand gesperrt“.
Mindestens zwei Jahre lang muss der Kanonenkrach die Welleroder begleitet haben. Von der Pak 43 baute Henschel wie auch das Eisenwerk Weserhütte in Bad Oeynhausen 2098 Stück, von der PaK 43/41 noch einmal 1403. „Sicher sind nicht alle dieser Geschütze im Steinbruch Tiefenrod abgefeuert worden – aber doch sehr viele“.
Steinbruch-Karte ist einmaliges Dokument
Die Karte der Firma Henschel & Sohn aus dem Jahr 1944, die den Steinbruch Tiefenrod zeigt, ist bislang das einzige bekannte Dokument, das die Existenz eines Kanonenschießplatzes nahe Wellerode in den Kriegsjahren belegt. Das bestätigt auch Helmut Weich, Leiter des Henschel-Museums in Kassel.
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„Über die Produktion von Rüstungsgütern der Firma Henschel gibt es nur wenig Unterlagen“, sagt Weich. Insofern sei das Fundstück einzigartig. Unmittelbar nach dem Krieg seien viele Dokumente und Zeichnungen der Firma – „im Prinzip das gesamte militärisch-technische Wissen“, wie Weich sagt – von der amerikanischen Besatzungsmacht einbehalten worden. „Tatsächlich höre ich selbst jetzt erstmals davon, dass Henschel im Steinbruch Tiefenrod seine Panzerabwehrkanonen getestet hat“, sagt Weich. Erst kürzlich war das historische Material im Keller des alten Forstamtes Wellerode an der Stellbergstraße gefunden und Mitgliedern des Vereins KulturRaum Oberzwehren zugespielt worden. Unter den Fundstücken befinden sich auch eine Handzeichnung der Gemarkung Wellerode des königlichen Katasteramtes von 1901, eine Skizze der Pachtflächen des Steinbruchs Tiefenrod aus dem Jahr 1929 sowie ein Lageplan von 1942 des Preußischen Forsteinrichtungsamtes. Heinz-Rüdiger Sauerbrei und Helmut Schaberick vom KulturRaum Oberzwehren hatten das Material Anfang August dem Geschichtskreis Söhrewald für weitere Forschungen überlassen.
Kanone zur Panzerabwehr
Die Kanonen vom Typ PaK 43 und PaK 43/41 (mit verlängertem Lauf) zählten zu den stärksten Panzerabwehrwaffen der Deutschen Wehrmacht. Die Kanonen wurden zwischen 1942 und 1945 von Henschel & Sohn in Kassel sowie vom Eisenwerk Weserhütte in Bad Oeynhausen produziert. Die Waffe wurde vor allem an der Ostfront im direkten Feuerkampf gegen Panzerfahrzeuge eingesetzt, vor allem gegen den russischen Panzer T-34. Die Waffe mit dem Kaliber 8,8 Zentimeter vermochte noch aus einer Schussentfernung von 2500 Metern Panzerplatten von 15,9 Zentimetern Dicke zu durschlagen.
HNA vom 25.04.17
https://www.hna.de/kassel/stadt-kassel-zahlte-fuer-fuenf-zeichnungen-ludwig-emil-grimms-4800-euro-8211869.html
Henschel-Museum veräußerte eine Schenkung
Stadt Kassel zahlte für fünf Zeichnungen Ludwig Emil Grimms 4800 Euro
© Andreas Fischer
Kassel. Im Henschel-Museum gab es zufriedene Gesichter: Kulturamtschefin Dorothée Rhiemeier hat für die Stadt Kassel fünf Handzeichnungen von Ludwig Emil Grimm aus dem Eigentum des Vereins Henschel-Museum und -Sammlung in Empfang genommen.
Für insgesamt 4800 Euro hat die Stadt die Schätzchen für ihre Grimm-Sammlung angekauft.
Die größte der Federzeichnungen misst 25 mal 20 Zentimeter. Unverkennbar ist der virtuose Strich Ludwig Emils ebenso sein karikierender Humor: Auf einer Zeichnung sieht man die Teilnehmer einer Landpartie im Regen unter einem Baum. „Duck dich, lass vorübergahn“, schrieb Grimm darunter, „Das Wetter will seinen Willen han“. Nach Auskunft von Rhiemeier verfügt die Stadt bereits über circa 2000 Arbeiten des jüngeren Malerbruders von Jacob und Wilhelm Grimm.
Das Henschel-Museum hatte die Originale vor einigen Jahren von Werner Patrick Henschel, dem 1937 geborenen Sohn Oscar Robert Henschels, der als letzter das Familienunternehmen leitete, geschenkt bekommen. Sie befanden sich seit fast 200 Jahren im Familienbesitz, nicht zuletzt, weil die Henschels freundschaftlich mit den Grimms verbunden waren und über den Künstlerspross Werner Henschel eine enge Verbindung zu Ludwig Emil Grimm (1790-1863) bestand.
„Wir haben uns seinerzeit sehr über die Schenkung gefreut“, sagte Helmut Weich, der Museumsleiter und Technische Vorstand. „Aber wir sahen keine Möglichkeit, die Arbeiten im Museum zu zeigen und zu würdigen. Da wir uns über Spenden finanzieren, können wir jetzt mit dem Erlös viel anfangen.“
Zeichnungen von Ludwig Emil Grimm wechselten den Besitzer: Es freuen sich (von links) Helmut Weich und Claus-Achim Schlemper vom Henschel-Museum und Dorothée Rhiemeier.
© Andreas Fischer
Von einer „Win-Win-Situation“ sprach auch Rhiemeier: „Wir haben die Arbeiten gerne angekauft, weil das Geld ja gleichzeitig dem Henschel-Museum zugute kommt.“ Vielleicht könnten sie ja einmal in der Grimmwelt gezeigt werden. Sie freut sich über die „besondere Sensibilität und das Verantwortungsbewusstsein des Henschel-Museums im Umgang mit dem kulturellen Erbe der Familie Grimm, dass es die Kunstwerke als erstes der Stadt Kassel angeboten“ habe. Dadurch gewinne die Stadt doppelt.
HNA vom 13.02.17
https://www.hna.de/kassel/mitte-kassel-ort248256/unter-grimmwelt-brunnen-auf-weinberg-soll-wieder-plaetschern-7387594.html
Bauarbeiten bis zur documenta abgeschlossen
Unter der Grimmwelt: Brunnen auf dem Weinberg soll wieder plätschern
© Stadt Kassel
Kassel. 1870 erbaut und im Zweiten Weltkrieg ausradiert: Von der Villa Henschel auf dem Kasseler Weinberg blieben nur Fragmente. Doch ein historischer Brunnen wird derzeit so weit wie möglich wiederhergestellt.
Eine doppelläufige Treppenanlage, die sich heute an die Fassade der Grimmwelt schmiegt, und die Reste eines Brunnens, der Teil des terrassierten Gartens war. Der Brunnen im Renaissance-Stil wird derzeit so weit wie möglich wiederhergestellt.
Nachdem er fast 75 Jahre im Dornröschenschlaf lag, soll er bis zur documenta im Juni wieder plätschern. Nach dem Zweiten Weltkrieg war über die Mauerreste des Brunnen im wahrsten Sinne des Wortes das Gras gewachsen. Erst im Zuge der Arbeiten am Weinberg und dem Bau der Grimmwelt, rückte das Kleinod wieder in den Fokus. Viele der Steine waren erhalten gewesen und müssen nun wieder an ihren Platz gebracht werden.
Zudem muss die Technik erneuert werden. Früher waren der Brunnen und die alten Gewächshäuser an den Weinbergterrassen über Leitungen aus der Villa versorgt worden, erzählt Volker Lange vom Gartenamt der Stadt Kassel. Teile der Leitungen seien bei Bauarbeiten aufgetaucht. Künftig bezieht der Brunnen das Wasser über eine unterirdische Zisterne. Auf diese Weise wird ein Wasserkreislauf eingerichtet.
Wasser soll wieder fließen: Der Brunnen der alten Henschel Villa an der Grimmwelt soll bis zur documenta wieder soweit wie möglich rekonstruiert werden.
© Ludwig
Früher befand sich auf der Brunneneinfassung – wie auch an der Treppenanlage – ein Geländer aus Balustraden. „Dieses werden wir nicht rekonstruieren, stattdessen gibt es ein Stahlgeländer“, sagt Lange. Solche Geländer wurden auch an den Treppen der Villa und im Bereich der Weinbergterrassen installiert.
„Die Rost-Patina, die sich auf den dortigen Geländern gebildet hat, ist gewollt. Es handelt sich um unbehandelten Stahl. Wir wollten für den historischen Ort kein glänzendes Edelstahlgeländer“, sagt Lange.
Der Bereich des Treppenabgangs zu den Weinbergterrassen ist derzeit provisorisch durch eine Holzkonstruktion abgesichert. Diese war für die Veranstaltung „Licht(e)Wege“ 2016 aufgebaut worden. Bis zur documenta soll das Provisorium verschwinden und die eigentlichen Geländer instandgesetzt werden.
„In Teilen muss das historische Geländer aber entfernt werden, da es nicht hoch genug ist. Wir wollen aber so viel wie möglich erhalten“, sagt Lange.
Zu den Kosten der Instandsetzung des Brunnen könne er noch nichts sagen. Dies hänge auch vom Ergebnis der Ausschreibung der Bauarbeiten ab.
Geländer werden erneuert: Der Abgang zu den Weinbergterrassen.
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